Herr P. K. (Lemgo)

September 2008

ist freischaffender Möbel-Designer. Auf der Suche nach einem Klavier für seine Frau und sich selbst, spielte ihm sein fachkundiges Faible für schöne gediegene Stücke ein Erard-Piano von 1857 zu. Über 150 Jahre alt! So ein Kauf ist schon recht gewagt…


Doch konnte ich mich überzeugen, dass dieses Instrument auch mit der alten Originalsubstanz äußerlich absolut salonfähig und technisch noch nutzbar ist. Und schon in den Händen des Vorbesitzers hatte es offensichtlich viel feinfühlige Zuwendung und sogar neue Wirbel bekommen. Schon nach wenigen Blicken war mir klar: Hier muss mit wenigen bedachtsam ausgewählten effizienten Handgriffen ein plausibler und erfreulicher Kompromiss für Klang und Spielgefühl erzielt werden, der zuverlässig auf längere Sicht jede Frage nach Perfektion vergessen macht und dennoch Faszination zulässt. Das hat einen Tag Arbeit gekostet – und mir eindrucksvolle Einblicke in die frühe Pionierzeit des modernen Klavierbaus gewährt. Das Erard-Klavier ist eine Holzrahmen-Konstruktion mit eiserner Saitenanhang-Platte und schräger Besaitung. Die Mechanik ist, wie bei heutigen Klavieren auch, eine Unterdämpfer-Konstruktion, allerdings um einiges aufwändiger gebaut. Und die Hammerköpfe sind mit bis zu fünf Schichten aus Leder und Filz bezogen.

Herr K. schrieb mir „eine kurze Bewertung Ihrer Arbeit“, wie er es nannte, und darin im Wortlaut:

„Liebe auf den ersten Blick: Ein kleines, schlichtes Upright-Piano,wunderschön, seidig schimmernd, warmer Rio-Palisander, Elfenbein. Große, alte Griffe seitlich. Ein ERARD von 1857. Ok- ein wenig verzogen- aber das ist nicht schlimm. Es gibt ein Video und darauf spielt der Vorbesitzer auf dem Piano.
Jetzt steht es hier und wird gestreichelt. Alles alt und original, fünfschichtige Hämmer, die originalen Saiten, noch die Grundform einer Harfe und der Klang? Ein wenig mager im Diskant, bisserl pöbelnd in der Mitte und schwelgende Bässe. Akzeptabel, aber verstimmt.
Wer stimmt? Wieder einer, der den Deckel öffnet und nach drei Anschlägen sagt…“Werkstatt! Kamma nich mehr auf Kammaton“… ,besorgt blickt und etwas von …“ Allet neu“…murmelt?
Irgendwie fand ich Herrn Januschek. Er teilte meine Begeisterung für den musealen Zustand meiner neuen Freundin und verstand, dass ich die kleinen Lachfältchen nicht liften lassen wollte und die faszinierende alte Technik nur vorsichtig auffrischen und das Klangspektrum abgestimmter wollte. Und bezahlbar waren seine Vorstellungen auch.
Faszinierend: Mit Zeit, Vorsicht, Umsicht ,viel Sachverstand und liebevoller Kleinarbeit, mit manchem Lächeln ob der alten und trotzdem genialen Technik und mit einer Vielzahl einfacher Handgriffe hat er ein Ergebnis erzielt, das dem Anspruch Klanggestaltung gerecht wird. Jetzt hat er halt ein neues Pflegekind, denn an dieses wundervolle Instrument werde ich wohl kaum einen anderen heran lassen.
Vielen Dank, Herr Januschek“

Einblicke in ein Erard-Klavier von 1857