Steinway S-155

November 2008

Der kompakte Steinway S-155 ist zweifelsfrei ein respektables Mitglied seiner Familie. Natürlich sind Abstriche beim Tiefbasserlebnis einzuräumen. Doch zu Unrecht wird dieser hochwertige Stutzflügel oft belächelt oder nicht ganz ernst genommen – und bisweilen taucht ein Exemplar auf, das Wasser auf die Mühlen solcher Vorbehalte kippt. „Sie sind meine letzte Rettung…“ – mit diesen Worten erreichte mich ein Hilferuf aus Hannover.


Er kam von dem Arzt Dr. J. B., der sich in seiner knappen Freizeit gern am Piano als Hobby-Jazzer auslässt. Aber sein günstig erworbener generalrenovierter S-155 von 1940 ließ das, trotz mehrfacher regionaler sachkundiger Bearbeitung, kaum zu. Man konnte den Eindruck gewinnen, der Flügel wolle sich als Kind seiner Zeit ausweisen. Was ich vorfand, war ein stumpfer und im Bass dürrer Klang, gewürzt mit einem wahren Konzert von Nebengeräuschen, das ganze erzeugt von extrem harten Hammerfilzen. Die schmale Dynamik-Bandbreite von sehr laut bis überlaut fegt mir auch nach Monaten der Erinnerung immer noch durch die Ohren.

Steinway S-155: Cooles Arbeitsambiente bei Dr. B. at home

Dieser Flügel ist nun, nach der PianoCandle Klang- und Spielart-Gestaltung, ein kultivierter Steinway mit besonderem Charakter. Kein Leisetreter, aber passend zu seinem Eigentümer, Herrn Dr. B., und seiner Musik. Dessen Referenz lesen Sie hier:

„Vor vier Jahren hatte ich mir einen generalüberholten Steinway 155er Stutzflügel gekauft. Ich war jung und hatte das Geld (damals wurde ich als Landarzt noch besser bezahlt), das Angebot war günstig, ein Steinway Flügel mein ewiger Traum und so schlug ich zu, obwohl – wie sich beim späteren Spielen zu Hause herausstellte – der Klang und die Mechanik wenig Freude aufkommen ließen. Technisch war das Instrument wohl in Ordnung – trotz fachmännisch repariertem Resonanzbodenriß.

Doch ich war wohl etwas zu gierig gewesen und hatte nicht genug probegespielt. Etliche – auch namhafte – Klavierstimmer hier aus der Region bekamen das Problem nicht in den Griff, so dass ich schließlich das optisch zwar ansprechende, akustisch aber unbefriedigende Instrument aufgeben und verkaufen wollte.

Bei meinen Recherchen dazu im Internet stieß ich u.a. auf den Ratgeber „Klavierverkauf“ von Martin Januschek und landete schließlich auf seiner Homepage. Die letzte Chance für meinen Steinway sollte das sein, ich wollte ihn eigentlich verkaufen und mir einen Yamaha o.ä. (sorgfältig ausgesucht) besorgen. Der Kontakt zu Herrn Januschek war schnell hergestellt und ich schilderte mein Problem. Nur vier Stunden später war der Flügeldoktor zu einem Hausbesuch bei mir und meinem kranken Instrument.

Mit unendlicher Geduld und diagnostischem und therapeutischem Scharfsinn wurde aus dem akustisch hässlichen Entlein mit verklemmten, sperrigem Klang (ich konnte vorher eigentlich immer nur Ragtime und Boogie Woogie spielen ) nach der leidenschaftlichen Arbeit von drei Tagen z.T. bis in die Nacht ( einzige Stärkung beim mehrstündigen Werken: 2 Kekse, Vitamingranulat, halbes Salamibrot ) ein richtiger Steinway, jedenfalls klanglich so, wie ich ihn mir gewünscht habe. Ich bin kein Profi, und kann es nicht genau erklären, aber das Spielen macht wieder Spaß.

Januschek hat die Seele (jawohl, ich glaube an so was !) des Instruments erspürt und sozusagen – um im medizinischen Bild zu bleiben – reanimiert. Und ich kann wieder etwas differenzierte Jazzstücke (Bill Evans etc.) spielen, was vorher nicht möglich war. Ein schönes Geschenk zur Vorweihnachtszeit fast zum Preis eines Klaviertransports. Für mich eine der besten Investitionen seit langem. Unbedingt empfehlenswert.

Danke nach Bad Pyrmont (oder wo er sich gerade wieder rumtreibt )!“

Nachtrag 2022: Dr. J. B. ist inzwischen mit meiner Hilfe und dank meiner Verbindung zu dem Hagener Pianisten M. B. Eigentümer eines schönen Steinway O-180 aus den 1920er Jahren, der seinen bislang letzten Check 2022 bekam. Sein S-155 ist weiterverkauft und steht weiterhin unter meiner Betreuung.