PianoCandle Blog

Ein Klavier mit Untertasten-Mechanik

Normal gebaute Klaviere, bei denen die Mechanik im Innern des Gehäuses hinten auf den Tasten steht, gibt es ab einer Höhe von etwa 100 cm. Doch es gab Zeiten, da konnten die Klaviere gar nicht „klein“ genug sein, und da waren 100 cm Höhe noch zu viel. Obwohl doch eigentlich die Höhe für die Platzbeanspruchung kaum eine Rolle spielt.

Es wurden etwa seit den 1930er Jahren Klaviere mit nur etwa 90 cm Höhe gebaut. Für deren Mechanik musste man sich dann was Neues einfallen lassen: Man baute sie im Gehäuse unterhalb der Tasten ein, und die Tasten wurden dann mittels starker Drähte oder Holzstängel, so genannter „Trakturen“, nach unten zur Mechanik hin gekoppelt. Der damit verbundene bauliche Zusatzaufwand war beträchtlich. Und wenn später mal Service-Maßnahmen nötig waren, konnten diese Winzlinge regelrecht zum Albtraum werden; denn schon manche kleine Arbeit an irgend einem Ton konnte mit aufwändigen Demontage- und Montagearbeiten verbunden sein, und für die Kundinnen und Kunden mit unerwartet hohen Kosten.

Heute hatte ich ein solches Klavier zu stimmen, eines von „Mannborg“ aus Leipzig, gebaut ca. 1936.

Dieses Klavier hat mich in mehreren Punkten überrascht.

Erstens, das Stimmen des Instruments war weniger schwierig als es manchmal bei so gebauten Instrumenten der Fall ist. Zweitens, der Klang war durchaus respektabel, was bei einer derart kurzen möglichen Saitenlänge schwerlich zu erwarten ist. Drittens, außer dem notwendigen Stimmen gab es erstmal nichts Wesentliches zu bemängeln. Alle drei Punkte sind zwar überraschend oder mindestens ungewöhnlich, aber nicht sonderlich spektakulär.

Viertens allerdings war doch etwas Überraschendes dabei, was wirklich größere Beachtung verdient: Das Spielgefühl, die „Spielart“ dieses Klavieres, war erstaunlich gut und fein dosierbar, wie bei einem großen Klavier. Und das liegt daran, dass hier eine besonders aufwändige Koppelung der Tasten zur Mechanik verwendet wurde. Das werde ich in den nächsten Tagen anhand von Bildern näher erläutern.

Kurz gefasst: Üblicherweise wird bei Klavieren dieser Bauart die Taste eines Tones mittels eines langen Drahtes direkt an das „Hebeglied“ der Mechanik, das den Hammer vortreibt, gekoppelt.

Bei dem Mannborg-Klavier dagegen wird die reale Taste nach unten hin zu einer zusätzlichen Phantomtaste gekoppelt, die dann erst das Hebeglied betätigt.

Die Vor- und Nachteile sind hier demnächst zu lesen.

— Fortsetzung folgt —